Querschnittslähmung nach Feuerwehreinsatz
Feuerwehreinsatz für Andreas Braun aus Neustetten (Kreis Tübingen). Er will sichergehen, dass sich keine Menschen mehr in dem brennenden Bauernhof befinden. Deshalb steigt er über die einzige, noch vorhandene Möglichkeit ein: das Dach. Dabei stürzt er sieben Meter in die Tiefe.
Damals, im Jahr 2005, ist er 24 Jahre alt. Und plötzlich sieht er sich mit einer völlig neuen Realität konfrontiert: er sitzt querschnittsgelähmt im Rollstuhl. Den Unfall und die Folgen hat er nicht verdrängt, sondern sie akzeptiert und damit abgeschlossen.
Es ist passiert – und es ist gut. Aber ich hab’ ja auch Glück gehabt. Es war ja Spitz auf Knopf, ob ich’s überhaupt überlebe. Es isch jetzt wie’s isch und so leben wir weiter.
So wichtig ist ein gutes soziales Umfeld für Menschen im Rollstuhl
Schnell merkt Andreas Braun nach seinem Unfall, wie sehr er sich nicht nur auf die Familie und seine engsten Freunde verlassen kann. Der Ort und die Feuerwehr helfen, sein Haus rollstuhlgerecht umzubauen. Eine große, aufwändige Aktion, für die Andreas Braun noch heute dankbar ist.
Ich glaube, ein stabiles soziales Umfeld, Freunde und auch Vereine, die können einem in einer solchen Situation schon gewaltig helfen. Davon bin ich fest überzeugt.
Andreas Braun möchte mit seiner Stiftung helfen
Andreas denkt nicht ans Aufgeben und möchte weiterhin Menschen helfen und sie unterstützen. Seit 2017 leitet er den Landes-Verband "Selbsthilfe körperbehinderter Menschen".
Der Verband berät Kommunen, Einrichtungen und Firmen zur Barrierefreiheit. Er hilft, damit diese praktikable und vor allem bezahlbare Lösungen finden können. Denn: Normen für Barrierefreiheit gibt es zwar, aber, so Andreas Braun, sie seien nicht immer überall praktikabel. Manchmal müsse man andere Wege finden. Was dem Verband deshalb besonders wichtig ist:
... dass wir es endlich hinbekommen, dass am Bodensee die gleichen Vorgaben sind wie in Mannheim. Damit wir auch verlässlich sagen können: 'Haltet Euch daran, dann ist es auch wirklich barrierefrei'.
Um das zu erreichen, setzt der Verband sogar modernste Technik ein: Die Beratung erfolgt über virtuelle Brillen. Das hilft, damit man sich in dem fraglichen Raum auch bewegen und die notwendigen Änderungen demonstrieren kann.
Neuanfang! Wenn es anders kommt im Leben Andreas: trotz Querschnittslähmung mit dem Rollstuhl mitten im Leben
Andreas aus Neustetten sitzt seit 2005 im Rollstuhl: Querschnittslähmung nach einem Absturz beim Feuerwehr-Einsatz. Jetzt hilft er Betroffenen beim Kampf um ein unabhängiges Leben.
Finanzielle Unterstützung für Menschen mit Behinderung
Nach seinem eigenen, schweren Unfall hat Andreas Braun festgestellt, dass es andere gibt, denen es viel schlechter geht als ihm. Besonders denkt er an die, die wegen einer Behinderung oder Krankheit in Not geraten sind. Er wolle diesen Menschen helfen, zurück ins Leben zu kommen, sagt Braun.
Deshalb gibt es neben dem Verband auch noch die "Andreas Braun Stiftung". Über sie kann ganz individuelle finanzielle Unterstützung für Einzelfälle gewährt werden. Etwas, was der Verband rein rechtlich nicht darf.
Für sein großes Engagemant hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann ihn sogar ausgezeichnet: Er bekam den baden-württembergischen Verdienstorden. In der Begründung steht: "Ein herausragendes Beispiel für persönliches Engagement und gelebten Gemeinsinn, trotz persönlicher Schicksalsschläge."
Handbiker Jana Sohm und Stefan Kretzschmar | 28.5.2024 Querschnittgelähmt nach Sportunfall: So kämpften wir uns zurück
Jana Sohm und Stefan Kretzschmar fahren Handbike im TetraTeam. Sie kämpfen im Sport und gegen die Behinderung bei Querschnittlähmung im Alltag.
Deshalb ist Sichtbarkeit so wichtig für Menschen mit Behinderung
Die Barrierefreiheit in Baden-Württemberg bezeichnet Andreas Braun "auf einem guten Weg". Im Vergleich dazu sei die Situation etwa in Bayern deutlich schlechter, selbst in Großstädten wie München.
Deshalb rät Andreas Braun aus eigener Erfahrung: sich sichtbar machen in den Gremien. Als ehemaliges Mitglied im Kreistag und jetzt als stellvertretender Bürgermeister von Neustetten hat er selbst gesehen, dass allein seine Anwesenheit in diesen Gremien dafür sorgt, dass das Thema Behinderung und Barrierefreiheit nicht übergangen wird.
Allein die Präsenz in einem solchen Gremium hilft den Verantwortlichen schon, an die Barrierefreiheit zu denken. Unser Bürgermeister oder Landrat hätte nie einen Vorschlag gebracht, der nicht barrierefrei war.
Mit Rollstuhl und Querschnittslähmung: Als Lehrer ein Partner und Vorbild
Inzwischen ist Andreas Braun Gymnasiallehrer für Mathematik und Geschichte in Rottenburg. Seine Schüler lieben ihn, weil er für sie immer ein offenes Ohr hat. Sein Credo als Lehrer: Die Dinge, auch die Probleme, mit Augenmaß angehen. Schule sei eine wichtige Lebenswelt für die Jugendlichen. "Und sie sollten auch, wenn’s geht, gerne zu uns kommen."
Seinen Schüler:innen ist er darüber hinaus ein tägliches Beispiel dafür, wie der richtige Umgang mit behinderten Menschen aussehen sollte.
Mitleid hilft ja keinem. Man muss unterscheiden zwischen Mitleid und 'ich erkenne die Schwierigkeit deiner Situation'. Manchmal ist das [Erkennen] einfacher mit einer Behinderung, die jeder sieht – wie bei mir mit meinem Rollstuhl.
