Mit dem Abschied von Christian Streich als Cheftrainer des SC Freiburg endete im vergangenen Mai eine Ära. In einem emotionalen Video gab er bekannt, dass er aufhört. Es war ihm anzumerken, dass der Dauer-Druck in der Bundesliga zwölfeinhalb Jahre lang viel Kraft gekostet hatte. Streich sehnte sich nach Ruhe und Zeit mit der Familie - die er seit seinem Abschied hat und genießt.
Was hat Christian Streich nach deinem Trainerjob gemacht?
Ganz ohne Fußball geht es natürlich nicht. Streich besuchte zum Beispiel ein Spiel der Young Boys Bern oder das EM- Spiel Deutschland gegen die Schweiz in Frankfurt. Allerdings steht für ihn der Fußball nicht mehr voll im Mittelpunkt: Zunächst war er über mehrere Wochen Praktikant in einer Freiburger Fahrradwerkstatt. Damit rüstete er sich für eine Fahrradtour von Freiburg nach Bilboa mit einem Freund - über die Pyrenäen.
Er habe die Natur genossen und sich treiben lassen. Etwas, das als Cheftrainer in der Form nicht möglich gewesen ist. Die Ruhe auf dem Fahrrad, die körperliche Anstrengung, die Monotonie der Bewegung und die Geräusche der Natur - man kann sich gut vorstellen, wie das dem erschöpften Geist und der Seele Stück für Stück Energie zurückgibt.
ARD Mediathek „Christian Streich – Ende einer Ära”
Warum anschauen?
Schluss, Aus, vorbei: Die reguläre Spielzeit des Trainers Christian Streich ist zu Ende und es gibt keine Verlängerung. Eine Ära geht zu Ende.
Der ehemalige SC-Trainer war zudem mehrere Wochen in Südamerika unterwegs. Auch hier ging es nicht ganz ohne Fußball, denn bei einem Literaturfestival in Köln berichtete er sichtlich beeindruckt von einem Besuch bei einem Spiel von River Plate Buenos Aires. Und trotzdem, mit dem Pick-Up über das Land zu fahren, die Anden zu bewundern und zu wandern, das sei ein Glück gewesen.
Christian Streich zeigt weiterhin politische Haltung
Christian Streich hat bekanntermaßen über den Tellerrand des Fußballs hinausgeschaut und die gesellschaftspolitischen Themen der Zeit immer mal wieder in Pressekonferenzen kommentiert. Das tut er auch, seit er kein Trainer mehr ist. Beispielsweise beim Turnier der Deutschen Meisterschaft im Straßenfußball in Freiburg im Oktober 2024, als er feststellte: "Die Zeiten werden nicht sanftmütiger und die Ellenbogen nicht weiter."
Ebenfalls im Herbst bekam Streich den Walther-Bensemann-Preis für herausragendes gesellschaftliches Engagement in Nürnberg verliehen. Dort genoss er dann auch mal eine Stadtführung, statt nur das Mannschaftshotel und das Stadion zu sehen. Wieder so etwas, für das er jetzt endlich Zeit hat.
Sport ist für Streich politisch, dass er die Bundesliga-Plattform nutzte, um seine Haltung deutlich zu machen, hallt nach. So wurde Streich auch mit dem Memminger Freiheitspreis 1525 ausgezeichnet, weil er sich für die Grundrechte stark macht und Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung ablehnt.
Im Bundestagswahlkampf traf er sich mit Robert Habeck. Man habe ein bisschen geredet über Fußball, Politik und das Leben, hieß es damals über die Sozialen Netzwerke. Er sucht sich aus, wann er in der Öffentlichkeit stehen will und wann nicht - als Trainer mit getaktetem Spielplan undenkbar. Die Öffentlichkeit ist da, ob man will oder nicht, jede Woche.
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Christian Streich und die Leistung des SC Freiburg
So besucht Christian Streich seit seinem Abschied aus dem trubeligen Fußball-Alltag hier und da auch Veranstaltungen oder nimmt an Diskussionsrunden teil. Wie beispielsweise Anfang des Jahres bei einem Freiburger Fahrrad-Leasingunternehmen zum Thema "Demokratie" oder kürzlich in einer Veranstaltung des Freiburger Unternehmens "Haufe".
Dabei zeigt sich, dass Streich natürlich den SC Freiburg weiter verfolgt. Mitbekommt, dass Christian Günter zum Ende der Saison oft auf der Bank saß, und Streich erklärt an diesem Beispiel, wie er mit seinen Spielern damals umgegangen ist. Dass Einfühlungsvermögen und eine passende Kommunikation in solchen Situationen entscheidend sind - vor allem im Hinblick auf die Geschlossenheit und den Zusammenhalt des Teams. Aber Einfühlungsvermögen und der unbedingte Wille, die Perspektiven der Spieler auch zu verstehen, sie genau zu kennen, diese Qualität Streichs kostete eben auch Energie - vor allem über all die Jahre.
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Streich: Freiheit führt zu Persönlichkeiten
Streich scheint seinen Abschied nicht zu bereuen, ganz im Gegenteil. Und die Leistung der Freiburger in der vergangenen Saison dürfte ihm sogar rückwirkend nochmal bestärkt haben. Denn mit Streichs Nachfolger Julian Schuster, in dem nach eigener Aussage auch ganz viel Streich steckt, hat es der Sport-Club bis in die Europa League geschafft. Weil die erste Saison nach Streich sportlich so gut lief, wurde er in der Öffentlichkeit oder von den Fans auch nicht zurückgesehnt.
Schuster spielte unter dem Kult-Coach und an seinem Beispiel erklärte Streich bei der Unternehmensveranstaltung, wie er aus Spielern auch Persönlichkeiten machte: Die Jungs hätten außerhalb des Platzes viel Freiheit gehabt, "jedes Stücklein mehr Freiheit ist mehr Verantwortung, wenn sie mehr Verantwortung haben, werden sie mehr zu Persönlichkeiten. Schauen Sie die Jungs an, die wir hatten, auch in der Jugend, was das für Persönlichkeiten geworden sind, eine ist zum Beispiel jetzt Cheftrainer beim SC Freiburg." Julian Schuster rundete übrigens in diesem Jahr auch schon und wurde im April 40. Jetzt (11.Juni) wird sein Vorgänger auf der Trainerbank 60 Jahre alt.
Christian Streich wirkt ausgeglichen, erholt und genießt die Ruhe nach dem Dauerstress im Bundesliga-Business. Vielleicht tankt er ja Kraft für eine neue Aufgabe… Ende Juni gibt’s aber erstmal eine größere Feier zum 60. Geburtstag. Alles Gute, Christian Streich!