Wegen Risiken im internationalen Handel:

Industrie-Präsident Leibinger fordert strategische Rohstoffreserve

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Von Autor/in Hans-Joachim Vieweger

Donald Trumps Zollpolitik verunsichert, der Wirtschaft drohen neue Gefahren. BDI-Präsident Peter Leibinger plädiert daher für eine gemeinsame Rohstoffinitiative von Politik und Wirtschaft.

Schon in der Corona-Zeit kam es zu Engpässen in den internationalen Lieferketten. Die unberechenbare Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump birgt nun neue Risiken für die Wirtschaft. So bekommen bereits einige Unternehmen Probleme beim Bezug bestimmter Rohstoffe aus China zu spüren – weil China in Reaktion auf die US-Zölle den Export von Rohstoffen reduziert bzw. erschwert, sagt Industriepräsident Peter Leibinger im ARD Interview der Woche.

Vor diesem Hintergrund wünscht sich Leibinger eine gemeinsame Rohstoffinitiative von Politik und Wirtschaft: "Wir müssen bei Rohstoffen auch strategisch denken." Leibinger verweist auf die strategische Nahrungsmittelreserve, die der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln im Krisenfall dienen soll und für die beispielsweise Erbsen und Bohnen gehortet werden. "Warum sollten wir nicht in den Dialog gehen zwischen der Politik und der Industrie und uns gezielt überlegen, wie wir unsere Rohstoffversorgung strategisch sichern." Das heißt: Es müsste geklärt werden, welche Metalle und Mineralien so wichtig für die Produktion sind, dass davon bestimmte Mengen vorgehalten werden. Eine solche Rohstoffreserve würde auch etwas kosten, gibt Leibinger zu, "doch das lohnt sich."

"Guter Start" – Lob für Investitionsbooster von Schwarz-Rot

Der Industriepräsident zeigt sich im ARD Interview der Woche zufrieden mit den jüngsten Beschlüssen der neuen Bundesregierung, mit denen die Wirtschaft in Schwung gebracht werden soll. Mit den Steuererleichterungen für Investitionen und der ab 2028 geplanten Körperschaftsteuersenkung habe Schwarz-Rot die richtigen Themen aufgerufen, wichtig seien auch die angekündigten Entlastungen bei den Energiepreisen sowie der Abbau von Bürokratie. Wichtig sei aber vor allem, dass der Wirtschaft nicht mehr mit Misstrauen begegnet werde – ein Eindruck, der sich in der Zeit der Ampel-Koalition aufgetan habe. Positiv wertet Leibinger auch die Berufung von Katherina Reiche zur Wirtschaftsministerin.

Europa nicht "laufen lassen"

Zugleich hat Leibinger, der seit Anfang des Jahres dem Bundesverband der Industrie vorsteht, hohe Erwartungen an die neue Regierung. Deutschland müsse sich viel intensiver in der europäischen Politik einbringen als bisher. Frühere Regierungen, nicht nur die Ampel, hätten hier gravierende Fehler gemacht und "im Grunde Brüssel laufen lassen". Er mache sich wirklich große Sorgen, macht Leibinger klar: "Ich sage es mal ganz brutal: Um Europa zu retten, muss Deutschland eine stärkere Rolle spielen". Konkret wünscht er sich ein stärkeres Engagement für den europäischen Energiemarkt und den grenzüberschreitenden Netzausbau.

"Wir haben zu viele Tabuthemen"

Schließlich dürfe sich die Politik auch nicht um strukturelle Schwächen, zum Beispiel aufgrund der demographischen Entwicklung, drücken. Themen, die unpopulär seien wie die Frage nach der Produktivität und der Arbeitszeit in Deutschland würden häufig verdrängt: "Wir haben zu viele Tabuthemen", so Leibinger. Angesichts eines enorm harten Wettbewerbsumfelds, gerade auch in anderen Hochtechnologieländern, könne sich Deutschland das aber nicht mehr leisten.

Wirtschaft ist auch dem Gemeinwohl verpflichtet

Leibinger, der den Aufsichtsrat des württembergischen Familienunternehmens Trumpf leitet, wirbt zugleich für ein stärkeres Engagement der Wirtschaft für das Gemeinwohl: "Ich glaube, dass es zur Gemeinwohlpflicht des Unternehmertums gehört, dass man sich engagiert, ehrenamtlich, in der Politik, sei es im Gemeinderat oder wie auch immer." Der Einsatz für das Gemeinwohl entspreche auch der Sozialen Marktwirtschaft, die nicht allein ein Wirtschaftsmodell sei, sondern auf ethischen Prinzipien basiere.

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Hans-Joachim Vieweger