Vor Geschäftsbilanz am Donnerstag

Mercedes plant Einsparungen bei Prämien und Urlaub

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Von Autor/in Geli Hensolt

Geringere Prämien, ein Tag weniger Urlaub, gekürzte Zuwendungen bei Jubiläen: So will Mercedes wohl Geld sparen. Der Betriebsrat kritisiert die Pläne scharf.

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes steckt in der Krise. Morgen legt das Unternehmen seine ausführliche Bilanz vor und blickt auf das aktuelle Geschäftsjahr. Mercedes hat sich selbst einen Sparkurs auferlegt und will bis 2027 fünf Milliarden Euro einsparen. In Extra-Ausgaben der Gewerkschaftszeitung, die dem SWR vorliegen, listet der Betriebsrat jetzt die geplanten Sparmaßnahmen auf.

Kürzung bei Prämien und Sonderzahlungen

Die Zeitungen werden von der IG Metall an den Mercedes-Standorten Stuttgart-Untertürkheim und Sindelfingen herausgegeben. Dort steht, dass die Erfolgsprämie, die die Beschäftigten jährlich erhalten, möglicherweise gekürzt werden soll. Auch Jubiläumszuwendungen für langjährige Betriebszugehörigkeit sollen geschrumpft werden.

Prämie kostet Mercedes 450 Millionen Euro

Geplant ist nach Informationen des Betriebsrates auch, Stellen abzubauen und Projekte auszulagern. Weihnachten und Silvester soll künftig jeweils als ein ganzer Urlaubstag gerechnet werden, bisher war es nur ein halber.

Allein bei der Prämie, mit der Mitarbeitende am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt werden, würde Mercedes viel Geld sparen: Den Bonus bekommen die 90.0000 Tarifbeschäftigten in Deutschland einmal im Jahr, bei einer Prämie von 5.000 Euro kämen so 450 Millionen Euro zusammen.

Mercedes unter Druck

Mercedes steht aktuell vor vielen Herausforderungen: Im vergangenen Jahr verkaufte der Konzern vier Prozent weniger Fahrzeuge als 2023. Die Nachfrage in China ist eingebrochen. E-Autos laufen nicht so gut wie erhofft. 2024 ging ihr Anteil im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent zurück.

Mercedes selbst sagt auf SWR-Anfrage, die aktuelle Wirtschaftslage bleibe weltweit extrem volatil. Nur durch nachhaltiges Steigern der Effizienz bleibe das Unternehmen finanziell stark und handlungsfähig. In den kommenden Jahren sollen daher über alle Kostenarten hinweg mehrere Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Am Donnerstag legt das Unternehmen die Bilanz zum abgelaufenen Quartal vor.

 Stefan Reindl, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) im Portrait
Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft, meint, dass Mercedes bei neuen Modellen den Geschmack seiner Zielgruppe treffen muss.

Branchenexperte: Mercedes ist nicht effizient genug

Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) in Geislingen teilt die Einschätzung, dass Mercedes sparen muss. Er hält die Personalkosten bei dem Autohersteller für zu hoch und die Produktivität für zu gering. Diese teilweise über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen müssten dringend hinterfragt werden, damit Mercedes wettbewerbsfähig bleibe. 

Zu viele Menschen bauen bei Mercedes zu wenig Autos.

Mercedes-Betriebsrat: Sparen kann nicht nur die Lösung sein

Dass die Situation bei Mercedes momentan angespannt ist, findet auch der Betriebsrat. Die IG-Metall-Vertreter üben aber in der Gewerkschaftszeitung Kritik: Angesichts der komplexen Probleme habe der Mercedes-Vorstand nur die eine einfallslose Antwort parat: Sparen.

Das wollen die Arbeitgebervertreter nicht akzeptieren. Sie betonen, man werde nicht zulassen, dass die Fehlentscheidungen des Managements auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden: "Kosten schrubben allein wird die Wettbewerbsfähigkeit nicht verbessern und war und ist auch keine Strategie."

Reindl: Hohe Löhne in der Autoindustrie

Kürzlich betonte Gesamtbetriebsratschef Ergun Lümali, man sei bereit, die Krise gemeinsam zu bewältigen. Er forderte aber auch, Mercedes müsse dafür sorgen, dass Arbeitsplätze in Deutschland in Zukunft gesichert blieben.

Autoexperte Stefan Reindl sieht dabei auch die Arbeitnehmervertreter gefordert. Er gibt zu bedenken, dass in der Autoindustrie sehr hohe Löhne bezahlt werden.

Kritik an Luxusstrategie - Verkaufspreise sind gestiegen

Mercedes setzt seit dem Amtsantritt von Ola Källenius vor fünf Jahren vor allem auf Luxus. Der Stuttgarter Autobauer will besonders zahlungskräftige Kunden ansprechen. Anfangs sprach viel dafür, dass diese Strategie aufgeht: 2023 erzielt der Hersteller 14,5 Milliarden Euro Gewinn.

Das lag auch daran, dass Mercedes die Preise für seine Fahrzeuge kontinuierlich erhöhte: So stieg der durchschnittliche Verkaufspreis eines Mercedes von 51.000 Euro im Jahr 2019 auf 74.600 Euro im dritten Quartal 2023.

Schwache Nachfrage nach Luxusmodellen

Angesichts der aktuellen Entwicklungen aber steht diese Strategie immer stärker in der Kritik. Besonders im Top-Segment, zu dem die S- und die G-Klasse gehören, gingen die Verkäufe um 14 Prozent zurück.

Die elektrischen Flaggschiffe (EQS und EQE) enttäuschen - auch in China. Autoexperte Reindl hält die Ausrichtung auf das Premiumsegment dennoch weiterhin für richtig. Er betont aber auch: "Bei den neuen Modellen muss Mercedes dringend liefern."  

Starke einheimische Konkurrenz in China

Besonders in China ist der Handlungsbedarf aus Sicht des Branchenkenners groß. Der Markt dort ist für Mercedes der wichtigste, aber die Geschäfte dort laufen nur schleppend. Die Krise auf dem chinesischen Immobilienmarkt treffe momentan vor allem zahlungskräftige Chinesen - also die traditionellen Mercedes-Käufer.

Dazu kommt noch ein weiteres Problem: In China drängen heimische Anbieter auf den Markt, die elektrische Luxusautos zu deutlich günstigeren Preisen anbieten. Dabei treffen sie offenbar auch den Geschmack der Kundschaft besser.

Festhalten an Verbrenner-Modellen

Nicht nur in China, auch sonst laufen die E-Autos nicht wie erhofft. Mercedes-Chef Ola Källenius, der früher stark auf E-Fahrzeuge setzte und bis 2030 eigentlich nur noch E-Autos anbieten wollte, ist deshalb bereits zurückgerudert. Er will bis deutlich in die 2030er Jahre auch noch Verbrenner anbieten, sollte Nachfrage bestehen.

Hoffnungen ruhen auf neuen Modellen

Die Trendwende sollen nun neue Modelle bringen: Ende des Jahres kommt die Elektro-Variante des kompakten CLA auf den Markt. Er wird in Rastatt produziert. Ab 2026 folgen dann weitere Modelle, unter anderem die neue elektrische S-Klasse.

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Petra Thiele
SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele

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