Mit den Benzinpreisen in Deutschland geht es momentan zu wie bei einer Achterbahnfahrt. An manchen Tankstellen werden die Preise bis zu 36 Mal pro Tag geändert. Der Preisunterschied kann dann bis zu 20 Cent und mehr pro Tag ausmachen.
Dieses Verhalten wird vom Tankstellen-Interessenverband e.V. (TIV) in Neustadt an der Weinstraße kritisiert. Worum es ihnen geht, erklärt uns Pressesprecher Herbert Rabl.
Tankstellenpächter erhalten eine Provision
SWR1: Der Tankstellen-Interessenverband kritisiert das Verhalten von Shell, Aral, Esso und Co. Dabei würde man vermuten: Wenn die großen Mineralöl-Konzerne Kasse machen, dann geht es auch dem Tankstellenpächter gut. Ist das nicht so?
Herbert Rabl: Ne, das ist ein riesen Irrtum. Wenn die Tankstellenkonzerne die Preise erhöhen, haben wir als Tankstellenpächter überhaupt nichts davon. Die Tankstellenpächter, die wir vertreten, bekommen irgendwas zwischen 0,8 und 1,5 Cent, manchmal zwei Cent Provision für jeden verkauften Liter Sprit.
Wenn die Tankstellenkonzerne die Preise erhöhen, haben wir als Tankstellenpächter überhaupt nichts davon.
Die gucken aus dem Fenster und sehen, die Preise haben sich gerade verändert, weil die Mineralölkonzerne die Preise per Knopfdruck von der Zentrale in sogenannten Pricing-Abteilungen verändern.
Tankstellenpächter kriegen den Ärger der Leute ab
SWR1: Ich könnte mir vorstellen, wenn die Kosten fürs Tanken hoch sind, dann lassen die Menschen auch weniger bei Ihnen im Shop.
Rabl: Das ist die Vermutung. Was immer wieder übersehen wird: Die Mineralölkonzerne kontrollieren uns Pächter ganz eng mit einem Tankstellen-Vertrag. Aber den ganzen Ärger, alles, was die Leute aufregt, glauben Sie, dass der Pächter oder die Dame oder der Herr hinter der Kasse Schuld daran wäre. Und das stimmt überhaupt nicht, weil wir darauf überhaupt keinen Einfluss haben.
Diesel- und Benzinpreise So tanken Sie heute günstig
Spritpreise am 13. Juni 2025: Superbenzin kostet im Mittel 1,70€, E10 1,64€ und Diesel 1,52€ in Deutschland. So teuer ist es in Ihrer Nähe.
Mineralölkonzerne wie Aral, Shell & Co. machen die Preise
SWR1: Viele kennen die Situation: Man fährt zur Tankstelle und hat sich eben noch über einen niedrigen Preis gefreut. Und genau dann, wenn man tanken will, wird es ein paar Cent teurer.
Rabl: Das bedeutet, dass die Mineralölgesellschaften gucken, wo sind große Verkehrsströme. Und dann ändern sie den Preis relativ schnell wieder.
[...] Morgens früh zwischen halb sechs und neun sind die Preise in Deutschland am höchsten. Warum? Weil, wenn die Leute zur Arbeit fahren und haben vergessen übers Wochenende zu tanken oder am Tag vorher, müssen aber zur Arbeit, dann müssen sie tanken. Also sind die Preise da, wo die Leute das größte Bedürfnis haben, am höchsten.
Benzinpreise orientieren sich am Verkehrsaufkommen
SWR1: Innerhalb von Sekunden können sich da die Preise ändern?
Rabl: Ja, das sind sogenannte Pricing-Abteilungen, die sitzen in den Mineralölkonzernen in Hamburg und in Bochum oder in München. Da sitzen ganze Pricing-Abteilungen mit mehreren Leuten und die gucken sich die Verkehrsströme an. [...] Mit den neuen Medien kann das alles gut kontrolliert werden. Dann drücken sie da, wo große Verkehrsaufkommen sind, die Preise höher. [...]
Forderung der Tankstellenpächter: Die Politik muss handeln
SWR1: Was würden Sie sich wünschen, damit dieses Hoch und Runter der Preise ein Ende hat?
Rabl: Das Bundeskartellamt [...] guckt momentan nur auf die Preise und hat der Politik bereits ins Stammbuch geschrieben, ihr müsst euch das angucken. Dann muss die Politik im Grunde genommen handeln.
In Österreich zum Beispiel können sie als Mineralölgesellschaft nur einmal am Tag die Preise erhöhen, nämlich bis mittags um zwölf Uhr. Der Preis, der um eine Minute nach zwölf gilt, muss den ganzen Tag gelten. Dadurch ist eine gewisse Sicherheit gegeben. Das machen die Österreicher besser als die Deutschen.
[...] Im Prinzip geht es darum, man müsste sich meiner Ansicht nach diese Verwirrpreis-Geschichte und diese Hochpreis-Geschichte an der Tankstelle genauer anschauen. Und dazu muss das Kartellamt nochmal genauer hinschauen – insgesamt. Und dann muss das Kartellamt der Politik sagen: "Das und das schlagen wir vor". Oder die Politik muss selber überlegen.